Blutwurz - Potentilla officinalis

Blutwurz

Synonyme: Bauchwehwurz, Birkwurz, Christuskrone, Dilledapp, Aufrechtes Fingerkraut, Mooreckel, Potentilla, Rotwurz, Ruhrwurz, Siebenfinger, Tormentill

Wissenschaftlicher Name: Potentilla officinalis

Familie: Rosaceae (Rosengewächs)


Heimat

Mittel- und Nordeuropa, Gebirge Nordafrikas.



Inhaltsstoffe

Wurzelstock: Bis zu 25 % Gerbstoffe (Catechingerbstoffe, Gallo- und Ellagitannine)



Beschreibung

Eine goldgelbe, im Zentrum orange getönte Blüte mit vier herzförmigen Blütenblättern schwebt auf dünnen Stängeln über gefingerten Blättern. Eine Rose? Nun, jedenfalls ein Mitglied der Familie, auch wenn die meisten Rosengewächse fünfblättrige Blüten entfalten. In ihrer ersten Blüte im Jahr zeigt die Blutwurz manches Mal ihr volles Rosengesicht. Nur diese ein Zentimeter großen Blüten besitzen fünf Blütenblätter. Die von Mai bis Oktober blühende Blutwurz bildet 10 bis 40 Zentimeter lange Triebe aus, die flächig, fast ein Polster bildend, aber auch struppiger, höher, mit übereinander fallenden Stängeln wachsen. Die in den Blüten heranreifenden Nüsschen finden dank Elaiosomen – fetthaltigen Leckerbissen für Ameisen – weite Verbreitung.

Im Gegensatz zu der eher filigran wirkenden Pflanze steht der Wurzelstock. Der auch als Rhizom bezeichnete Pflanzenteil entspricht dem unter die Erde verlängerten Stängel. Imposant dick wächst er kräftig und unregelmäßig in die Breite. Aus ihm sprießen im Frühjahr mehrere Stängel der sonnenhungrigen Blutwurz gen Licht. Der gelblich-weiße Wurzelstock färbt sich nach dem Anschneiden schnell intensiv rot und duftet herb rosenähnlich.



Wissenswertes

Der wissenschaftliche Name Potentilla officinalis heißt so viel wie die heilkräftige Mächtige. Er setzt sich zusammen aus dem lateinischen Wort potentia = Macht und dem häufig bei Heilpflanzen anzutreffenden Namenszusatz officinale vom lateinischen officina = Apotheke, Labor. Der alternative wissenschaftliche Name Potentilla erecta beschreibt mit erectus = aufrecht die sich immer wieder aufrichtenden Stängel der Pflanze. Blutwurz benennt treffend das Aussehen des aufgeschnittenen Rhizoms.

Die adstringierende und antibakterielle Kraft der auch als Tormentill bekannten Blutwurz war bereits im Altertum bekannt, wobei man ihr mehr Heilkräfte zuschrieb als sie tatsächlich besitzt. Zum Beispiel galt sie als Pestpflanze, nachdem im Jahre 1348/49, als im badischen Wiesental die Pest wütete und keine Rettung in Sicht war, ein Vogel vom Himmel gekommen sein soll und folgendes Lied gepfiffen habe: „Aesst Durmedill und Bibernell, sterbt nüt so schnell.“

Auch Hildegard von Bingen (1098-1179) kannte die Vorzüge dieses heilkräftigen Wurzelstocks. Sie schrieb: „Die Blutwurz ist mehr kalt als warm, und ein Mensch, der überflüssige und giftige, das heißt eitrige Säfte in sich hat, der nehme Blutwurz, und zweimal so viel Brachwurz und zerstoße es zu Saft, und so schütte er das in ein Tongefäß, und darüber gieße er guten und klaren Wein, und so trinke er nach dem Essen und wenn er schlafen geht während fünfzehn Tagen, und es wird ihm für ein Jahr nützen, sodass dieser Trank die überflüssigen und giftigen Säfte vermindert.“

Der Kräuterpfarrer Johann Künzle (1857-1945) schrieb: „Wackelige Zähne erhalten wieder Stand, wenn man 8 Tage lang mit Blutwurz-Wasser gurgelt. Zu dem Zweck wird das Blutwurz-Wurzelpulver mit heißem Wasser angebrüht.“

Als die Ratanhia (Krameria lappaceae) in deutschen Landen Einzug hielt, geriet die Blutwurz in Vergessenheit. Im Ersten Weltkrieg, als es Lieferschwierigkeiten bei der fremdländischen Ratanhia gab, griff die Bevölkerung wieder auf die einheimische Blutwurz zurück, die sogar mehr Gerbstoffe enthält als die Ratanhia.

Aus der Blutwurz lässt sich der Farbstoff Tormentillrot extrahieren, der eine rote Tinte ergibt.



Die Pflanze anders betrachtet

Blutwurz gehört innerhalb der Familie der Rosengewächse zur Gattung der Fingerkräuter. In dieser Gruppe bildet sie als Einzige fast ständig nur vier, nicht wie üblich fünf Blütenblätter aus. Ab der zweiten Blüte „spart“ sie jeweils ein Blatt - vielleicht ist das ihr Geheimnis, wie sie Blütenkraft als Rosenduft in die Wurzel schickt. Überhaupt ist die Blutwurz eher zurückhaltend, nicht üppig in ihrem oberirdischen Auftritt. Vielmehr zeigt sie ein zusammenziehendes Wesen. Ihre eigentliche Stärke verbirgt sie unter der Erde: Selbst das kräftige Rhizom zieht sich zusammen, bleibt trotz wasserreicher Standorte straff und fest. Weil der angeschnittene Wurzelstock blutrot anläuft, sahen die Menschen in ihm eine blutstillende Heilkraft. Die Farbe und der für feine Nasen wahrnehmbare Rosenduft drücken zudem etwas Blütenhaftes aus. Ein Blütenwesen, das im gerbstoffreichen Rhizom gebannt und geformt ist. Genauso zeigt sich das Bild der Blutwurz als Heilpflanze: zusammenziehend, abgrenzend, formgebend bei Entzündungen, bei denen die natürlichen Prozesse aus der Bahn geraten sind. Dabei geht die Blutwurz mit der Entzündung wie mit einem gleichberechtigten Partner um. Der entzündungshemmende Wurzelstockextrakt unterdrückt sie nicht, sondern zügelt sie. Denn eine akute Entzündung kann den Weg aus einem stillstehenden chronischen Prozess heraus bedeuten und ist deshalb nicht grundsätzlich schlecht. Blutwurz kanalisiert diese akute Phase, sodass die Entzündung zur Heilung führen kann.



Die Pflanze in unseren Produkten

Dr. Hauschka Med hat die Blutwurz erstmals für die topische Anwendung erforscht1.

1 Schempp CM, Mandera R, Huber R, Schaette R, Wölfle U. Die Blutwurz, Potentilla erecta (L.) Räuschel — ein kleines Rosengewächs mit großer Heilwirkung.“ Der Merkurstab 4 (2015): 296–305.

Blutwurz ist enthalten in: